Künstliches Herzgewebe und gentherapeutische Ansätze zur Behandlung von Hypertropher Kardiomyopathie

Womit hast Du Dich während Deiner Masterarbeit beschäftigt?
Ich habe versucht, den Phänotyp der Krankheit Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) an drei verschiedenen Herzmuskelzelllinien zu charakterisieren. Die Ausgangs-Zelllinie wurde aus Hautzellen von einem HCM-Patienten gewonnen, aus denen sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC) generiert wurden. Die iPSC kann man zu Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten) differenzieren, woraus wiederum mit einem zugeführten Matrixkomplex Herzgewebe generiert werden kann. Die Zelllinien mit denen ich gearbeitet habe, trugen unterschiedliche oder keine Mutationen (1x natürlich entstanden und 1x künstlich eingefügt) in dem Gen, welches für das Myosin-bindende Protein C kodiert. Aus diesen drei Zelllinien konnte ich Herzgewebe generieren und es auf physiologische und molekulare Charakteristika untersuchen. Dieses zellbasierte Modell sollte dabei helfen, ein besseres Verständnis über die Krankheit zu bekommen. Der zweite Teil meiner Masterarbeit bestand darin, HCM auf der zellulären Ebene gentherapeutisch zu behandeln.

Hypertrophic-vs-Normal-Heart

Abbildung 1: Schematisches Bild eines gesunden Herzens (links) und eines hypertrophen Herzens (rechts).

Was ist Hypertrophe Kardiomyopathie und was sind die Symptome?
Es handelt sich um eine erblich bedingte Erkrankung, welche autosomal dominant vererbt wird. Dabei wächst die linke Herzhälfte immer weiter an, da die Herzmuskelzellen hypertroph sind. Es kann u.a. zu Herzrhythmusstörungen, durch ein Verhärten des Herzmuskels kommen oder, im schlimmsten Fall, zum plötzlichen Herztod. Im „normalen“ Krankheitsverlauf merken die Patienten oft nicht, dass sie diese Krankheit haben. Es kommt manchmal zu Kurzatmigkeit, Schwindel oder Kopfschmerzen. Oft aber bleiben die Patienten symptomfrei, was es sehr schwer macht, die Krankheit zu diagnostizieren. Die gängigste Methode ist ein Ultraschall um die Verdickung des Herzens zu erkennen – was aber nicht immer auftreten muss.

Inwieweit haben Deine Entdeckungen mit dem Krankheitsbild übereingestimmt?
Das lässt sich leider sehr schwer sagen. Wir haben einige typische Charakteristika nachweisen können, aber leider ist die Aussagekraft nicht sehr hoch. Das Modell ist noch sehr jung und sehr komplex. Wenn man die Ergebnisse anderer Labore mitbetrachtet kommt man zu dem Schluss, dass es noch keinen eindeutigen Phänotyp für diese Krankheit mit unserem Modell gibt.

Wie weit ist die Krankheit verbreitet?
Man geht davon aus, dass eine von 200 Personen diese Krankheit hat. Dabei ist zu beachten, dass diese Erkrankung nicht immer einen genetischen Ursprung haben muss, dies aber die mit Abstand häufigste Ursache ist. Was Herzkrankheiten betrifft ist, es außerdem die häufigste, durch einen genetischen Defekt ausgelöste Krankheit.

Wie gefährlich ist die Krankheit?
Die Sterberate liegt bei nur ca. 1% im Jahr. Die Krankheit wird oft nicht entdeckt und sie entwickelt sich meist nur sehr langsam über Jahre hinweg. Wenn die Krankheit im Alter bemerkt wird, kann man sie gut medikamentös behandeln. Positiv wirkt auch eine Lebensumstellung wie gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Bei Kindern und jungen Athleten kann diese Krankheit häufiger als bei Erwachsenen zum plötzlichen Herztod führen. Das liegt an der körperlichen Belastung der Athleten (nur bei HCM-Patienten), aber auch und viel wichtiger an der Schwere der Krankheit, die den Krankheitsverlauf beeinflusst.

Wie ist der aktuelle Stand der Forschung?
Man hat viele Mutationen mit der Krankheit in Verbindung bringen können, was die Diagnose erleichtert. Aber der Mechanismus, wodurch es zu dieser Krankheit kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Das liegt u.a. daran, dass sich genetischen Defekte nicht nur auf ein Gen beschränken. Die meisten beschädigten Gene, die zu dieser Krankheit führen, findet man aber in den Herzmuskelzellen, in Genen, die für das Sarkomer kodieren. Das häufigste mutierte Gen, was zu HCM führt ist das MYBPC3 (Myosin Bindendes Protein C) Gen, welches auch das betroffene Gen in meiner Masterarbeit war. Es ist äußerst wichtig für die Organisation, aber nicht für die Entwicklung des Sarkomers.

Was sind die gängigen Therapieansätze gegen HCM?
Im schlimmsten Fall muss das Herz durch ein Transplantat ausgetauscht werden. Es gibt auch kleinere chirurgische Eingriffe, wie das Einbauen eines kleinen Defibrillators/Schrittmachers. So wird versucht, das Herz wieder zu stabilisieren/normalisieren. Des Weiteren kann die Krankheit auch mit Medikamenten behandelt werden, die gegen Herzrhythmus-Störungen wirken, oder man gibt ACE-Hemmer oder Beta-Blocker.

Printed-Heart

Abbildung 2: Draufsicht (links) und Seitenansicht (rechts) eines 3D gedruckten Herzens im Gewebebad. Der Balken ist 0,5 cm lang. Das Bild wurde adaptiert von: N. Noor and A. Shapira et al., 2019 unter Creative Commons CC-BY Lizenz.

Wie hast Du versucht die Krankheit zu therapieren?
Mithilfe von Gentherapie, also quasi dem „Austauschen“ des defekten Gens. Wir haben dafür Viren verwendet, die ein funktionsfähiges Protein in ihrem Genom trugen. Damit wurden die Kardiomyozyten infiziert, wodurch es in den Zellen zur Expression des „gesunden“ Proteins kam. Wir konnten daraufhin das virale Protein lokalisieren und fanden heraus, dass es an der richtigen Stelle in der Zelle und in seiner vollen Länge eingebaut wurde. Leider zeigten unsere Zellen und auch die daraus generierten Gewebsstreifen keine physiologische Besserung. Eine der größten Herausforderungen der Gentherapie ist es, nur die betroffenen Zellen (wenn nur eine Art Zellen betroffen sein sollte) im lebenden Organismus zu behandeln. Mit unseren spezifischen Viren ist es uns gelungen, in einem Zellgemisch nur in den Kardiomyozyten das gesunde Gen zu exprimieren und das ist schon ein großer Erfolg.

Um nochmal auf die Herztransplantation zurückzukommen. Du sagst, Ihr habt künstliches Herzmuskelgewebe erzeugt. Inwiefern kann man heute schon ein synthetisches Herz bauen?
Bei uns im Labor werden meist ca. 1 cm lange und mehrere mm breite, bis hin zu 5x5 cm große Herzmuskelgewebe generiert. Aber 2019 konnte in Israel ein Herz in der Größe eines Kaninchenherzens mit einem 3D-Drucker hergestellt werden. Leider hat es nicht richtig geschlagen. Ein Problem an der Methode ist im Moment noch, dass das Herz ja nicht nur aus einem Zelltyp besteht, sondern aus einer Komposition mehrerer Zelltypen und das gilt es im synthetischen Modell auch zu erzeugen.

Was hast Du nach Deiner Masterarbeit vor?
Ich möchte meinen PhD in einem ähnlichen Forschungsgebiet machen.

Viel Erfolg und danke für das Interview!

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